Bewertung der UETD zur Bundestagswahl 2017

Bereits vor den Bundestagswahlen wurden sowohl in den Printmedien als auch in den sozialen Netzwerken zahlreiche Prognosen erstellt, mögliche Ergebnisse und Koalitionsmöglichkeiten diskutiert, sowie Folgen für Deutschland und Europa skizziert. Letztendlich haben am 24. September 2017 von rund 61,9 Millionen Wahlberechtigten 47,16 Millionen den 19. Bundestag gewählt. Die Wahlbeteiligung von 76,2 Prozent ergab folgende Ergebnisse:

Als Gewinner der Wahlen sind, mit Neueinzug in den Bundestag die äußerst umstrittene AfD und mit erneutem Einzug die Liberalen, zu verzeichnen. Die Linken, als SED Nachfolgepartei und die Grünen sind ebenfalls im Bundestag vertreten. Somit ergibt sich eine mit Spannung geladene Periode mit sechs Parteien im Bundestag. Trotz erheblichen Stimmenverlusten zieht die CDU, in Union mit der CSU, als stärkste Fraktion in den Bundestag ein.

Den Vertretern der Union ist es nicht gelungen, den rechts außen Kreis abzudecken, so dass es nun rechts von der Union eine weitere Partei gibt. Insbesondere die Schwesterpartei CSU ist, nach derben Stimmenverlusten gefordert, sich inhaltlich und personell zu reformieren.  Der Kanzlerkandidatin Dr. Angela Merkel obliegt nun die Aufgabe der Regierungsbildung, welche zu meistern in dieser Konstellation viel Mühe und Zeit in Anspruch nehmen wird.

Bei genauer Betrachtung der Wahlergebnisse im Gesamtkontext tritt deutlich eine Vermischung von  rechtem und bürgerlichem Gedankengut hervor. Dies ist natürlich interessant, insbesondere aber als erschreckend zu betrachten und wirft Fragen hinsichtlich der politischen Bildung der Wählerschaft und ihren Einfluss auf das Fortbestehen des Deutschen Rechtstaates auf:

Handelt es sich tatsächlich um eine Protestwahl seitens der Wähler und das Wahlergebnis kann als „einmalige Wahlentscheidung“ definiert werden oder etabliert sich eine neue politische Grundrichtung welche  das „Rechtsgesinntsein“ als Entscheidung mit langfristiger Absicht der bürgerlichen Mitte legitimiert?

Da die AfD als drittstärkste Kraft in den Bundestag einzieht, kann hier eigentlich nicht mehr von einer Protestwahl ausgegangen werden, sondern von einer politischen Vertretung im Bundestag, welche  in Zukunft die politische Landschaft prägen und mitbestimmen wird. Vor allem in Ostdeutschland wurde die AfD nach der Union z.T. zur zweitstärksten politischen Kraft gewählt. Betrachtet man die Verhältnismäßigkeit der  Stimmenverteilung, hat die AfD ihre Stärke dadurch erreicht, indem sie unter anderen, Stimmen der Union abzweigen und Nichtwähler für sich gewinnen konnte.

Die Liberalen haben sich nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag 2013 inhaltlich und personell regeneriert und können nun an der Regierungsbildung mitwirken. So eindeutig die FDP zu den Gewinnern der Wahlen gehört, so ist die SPD mit ihrem historisch niedrigsten Wert eindeutig der Verlierer der Wahl.

Eine fehlende Profilierung auf Bundesebene, Erfolglosigkeit bei Sachthemen und insbesondere der Mangel an konsequenten Entscheidungen unter der Führung ihres Kanzlerkandidaten Martin Schulz, hat sich bei den Wahlen negativ für die SPD ausgewirkt. Sie konnte offensichtlich nicht überzeugen und hat mit dieser Wahl definitiv den Begriff „Volkspartei“ verloren. Um den Weg zur einstigen Größe wieder zurück zu finden, müssen mit der Parteibasis gemeinsam festgelegte, zielorientierte Reformen geschaffen werden.

Bestehende globale Krisen und großer Druck setzen eine schnelle Regierungsbildung voraus und die Erwartungen an die Regierungsparteien sind sehr groß.  Jedoch ergeben sich aufgrund der Wahlergebnisse und des freiwilligen Status der SPD als Oppositionspartei für Deutschland nur zwei Möglichkeiten:

  1. Die sogenannte „Jamaika“-Koalition: CDU/CSU, FDP, Grüne
  2. Neuwahlen

Interessant werden nun die Koalitionsverhandlungen, zumal bereits Aussagen über „Nicht-Kooperation“ zwischen den Parteien gefallen sind. Diese Aussagen verwundern nicht sonderlich, denn aufgrund stark voneinander abweichender parteiprogrammatischer Inhalte ist eine Kooperationsbasis nur schwer bis kaum zu gestalten.

Wollen die etablierten Parteien ihre Glaubwürdigkeit behalten und vor allem ihre Parteibasis nicht enttäuschen, müssen sie ihren Programmen treu bleiben und ihre parteipolitischen Merkmale beibehalten. Der Einzug der AfD in den Bundestag mag als „Zäsur“  für die politische Kultur in Deutschland gelten, jedoch sollten die regierungsbildenden Parteien  nicht der „staatstragenden Verantwortung“ erliegen und all ihre elementaren Wahlpunkte außer Acht lassen. Hier werden sicherlich auch die Parteimitglieder noch ein „Wörtchen“ zu den Koalitionsverhandlungen mitreden und durch das Mitgliedervotum einen möglichen Koalitionsvertrag mitgestalten.

Der Bürger hat seine Entscheidung durch demokratische Wahl getroffen und damit aber unter anderem, die gegen Demokratie und die Rechtstaatlichkeit Deutschlands agierende, AfD gestärkt. Nach diesen Wahlen hat sich nun deutlicher gezeigt, wie wichtig die Unterstützung und Förderung einer gesunden politischen Bildung der Gesellschaft ist. Denn nur diese kann ein stabiles Fundament für politisches Engagement und Einsatz jedes Einzelnen für Demokratie und Freiheit gewährleisten.

Wir sollten nicht vergessen: „Nach der Wahl ist vor der Wahl“. Dieser Umstand kann möglicherweise in diesen schwierigen Zeiten schneller eintreffen als gedacht. Betrachtet man die Zahlen laut Statistischem Bundesamt, ist die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund im Jahr 2016 auf rund 18,6 Millionen gestiegen. Somit ist im Vergleich zum Vorjahr ein Zuwachs von 8,5 Prozent zu verzeichnen. Mehr als die Hälfte dieser Menschen besitzt den deutschen Pass, davon allein 42 Prozent seit ihrer Geburt. Mindestens eines der Elternteile stammt aus dem Ausland, ist eingebürgert oder zählt zu den Spätaussiedlern.

Die Zahl der Zuwanderer aus der Türkei hat in den vergangenen Jahren zwar an Bedeutung verloren, trotzallem ist die Türkei immer noch das wichtigste Herkunftsland. Gefolgt von Polen 9,9 Prozent, Russland 7,1 Prozent, Italien 4,5 Prozent und Kasachstan 5,5 Prozent, bilden die Türkeistämmigen mit 16,7 Prozent den höchsten Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund.

Nicht zuletzt, von diesen Zahlen und Fakten ausgehend, sollte es ein Anliegen der neuen Bundesregierung sein, die Beziehungen zum Nato Partner Türkei zu stärken. Außen-, sicherheits- und geopolitisches Interesse beider Länder sind stark voneinander abhängig und sollten auf rationaler  Basis verhandelbar bleiben. Die zunehmende Zahl von Flüchtlingen und globale Krisen sollten weiterhin auf Deeskalationsbasis im Fokus der Partnerschaft beider Länder liegen.

Wir erhoffen uns daher, dass die neue Regierung durch ihre Politik deutlich macht, dass sie die Sorgen der Menschen versteht und somit in Zukunft daraufhin arbeitet, die Basis auf der sich die AfD bewegt zu verkleinern. Der Einzug der AfD in den Bundestag darf kein Nährboden für die Verbreitung von Gedankengut bieten, welches Menschen mit Migrationshintergrund als gesellschaftliches Problem darstellt. Denn Vielfältigkeit gehört zur Kultur Deutschlands und sollte weiterhin als Bereicherung verstanden werden. Infolge dessen wird die Herausforderung für die Parteien nicht sein, ihre verlorenen Wähler zurückzugewinnen sondern Rechtspopulismus aus der Gesellschaft zu verdrängen.

 

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